Project 24
space25 in Zusammenarbeit mit ATELIERMONDIAL
Vernissage Fr, 5. 12. 2025, 17–20 Uhr
Finissage, Fr, 20. 2. 2026, 17–20 Uhr
Artist Talk, Do, 11.12 2025, 19 Uhr, Yota Tsotra, Helena Uambembe, Englisch
Artist Talk, 29. 1. 2026, 19 Uhr
Daniela Brugger, Leonardo Bürgi Tenorio, Sara Gassmann
Moderiert von Alexandra Stäheli
Die Ausstellung wurde von Alexandra Stäheli und Peter Steinmann kuratiert
Samstagsführung
13. 12. 2025, 10 und 31. 1. 2026, 15 Uhr
Projekt 24 präsentiert sich als eine Kooperation zwischen space25 und dem internationalen Austauschprogramm Atelier Mondial. Unter dem Titel «Seedlings of Time» versammeln sich fünf Positionen von Kunstschaffenden, die mit Atelier Mondial für mehrere Monate in der Welt unterwegs waren, wobei diese Residencies Fragen und Spuren in den Werken hinterlassen haben – wie Samenkörner, die eines Tages plötzlich zu keimen beginnen. Während ihres Aufenthalts in Kinshasa hat Daniela Brugger eine neue Phase ihrer künstlerischen Recherche begonnen, die sich mit den oft unsichtbaren und nicht-binären Aspekten digitaler Technologien befasst. Ihr Interesse liegt auf (Infra-)Strukturen sowie der Materialität digitaler Systeme einschliesslich ihrer (kolonialen) Geschichte. Leonardo Bürgi Tenorio hat sich in Japan mit der Kulturlandschaft Rund um das Reisfeld und einem dort vorkommenden Schimmelpilz (Kōji) befasst, um über die Verbindung von Kultur und Natur nachzudenken. Während eines Aufenthalts in Bali hat Sara Gassmann ihre Faszination für Schattenpuppen entdeckt und sich in ihrer Arbeit inhaltlich und visuell mit Licht und Schatten beschäftigt; sie hat die Technik des Schattenspiels erlernt und sie, in einem Dialog mit dem Sound Artist Janiv Oron, in eine eigene Sprache umgesetzt. Die Malerei von Yota Tsotra wiederum untersucht das Thema der Unschuld als einer Form von Widerstand – als eine Fähigkeit, in einer sich ständig wandelnden Welt zu bestehen. Ihre Werke erinnern daran, dass Innehalten, Staunen und Verbundenheit mit der Natur Wege sind, um innere Stärke zu finden. Helena Uambembe aus Südafrika schliesslich verbringt gerade drei Monate in Basel – ihre Video-Installation untersucht, wie sich nahe verbundene Welten im Kleinen wie im Grossen plötzlich auseinanderdriften können.
Installation : muddy codes & soft infrastructures
unsichtbar Nr. 1 bis 8, 2025, DIN A4, 21 x 29,7cm
Installation : muddy codes & soft infrastructures
unsichtbar Nr. 1 bis 8, 2025, DIN A4, 21 x 29,7cm
Die künstlerische Arbeit von Daniela Brugger befasst sich mit Orten, an denen Menschen zusammenkommen, um sich zu organisieren, zusammenzuarbeiten und sich mit digitalen Technologien auseinanderzusetzen. Dabei geht es nicht nur darum, deren Fehlbarkeit auszutesten und anzuerkennen, sondern auch darum, deren Potenzial als Werkzeuge zur Selbstermächtigung zu nutzen.
Im Jahr 2024 verbrachte Daniela Brugger eine dreimonatige Residenz in Kinshasa (DR Kongo). Dort begann sie eine neue Phase ihrer künstlerischen Recherche zu den oft unsichtbaren und nicht-binären Aspekten digitaler Technologien. Diese Auseinandersetzung zeigt sich in ihrer ortsspezifischen Installation und der laufenden Recherche muddy codes & soft infrastructures. Brugger interessiert sich besonders für die Umweltbelastung und die unsichtbare Arbeit, die digitale Infrastrukturen mit sich bringen – Tätigkeiten, die im Hintergrund das gesamte System aufrechterhalten, aber kaum sichtbar, anerkannt oder bezahlt sind.
Brugger interessiert sich vor allem für die Materialität digitaler Systeme und deren Pflege und Reparatur. Sie ist fasziniert vom Fehlerhaften moderner Technologien welches unter der scheinbar glatten Oberfläche liegt, auch weil deren wirtschaftliche Logik weiterhin koloniale Strukturen reproduziert. Dies zeigt sich etwa in der Rohstoffgewinnung, der Land- und Wassernutzung für Serverzentren sowie in der Ausbeutung von Arbeitskräften, insbesondere im globalen Süden. In der Demokratischen Republik Kongo werden diese Verflechtungen besonders sichtbar: Das Land liefert zentrale Ressourcen wie Coltan für unsere Smartphones und ist zugleich von jahrzehntelangem, international verstricktem Krieg und seit 1885 von kolonialer Ausbeutung geprägt. Gleichzeitig gelangen heute viele gebrauchte Geräte aus USA, China und Europa wieder in die Region – erst auf Gebrauchtwarenmärkten, am Ende aber meist auf Elektroschrotthalden, mitunter weil ihre Software nicht mehr aktualisiert werden kann.
Für ihr Universum muddy codes & soft infrastructures schreibt Daniela Brugger Flash Fiction, in denen Figuren Strategien entwickeln, um in prekären digitalen Umgebungen zu überleben. Um ihre Fragen zu digitalen Technologien öffentlich zu diskutieren, hat sie die Veranstaltungsreihe Portals ins Leben gerufen – ein Format, in dem sie gemeinsam mit Expert:innen Einblicke in sozial und ökologisch engagierte Technologien teilt.
anima, 2025, variable dimensions
portrait of presence, 2025, 90 x 60 cm
in line, through line, 2025, 60 x 40 cm
green waves in the far distance, 2025, 60 x 40 cm
Landscape, 2025, 60 x 40 cm
anima, 2025, variable dimensions
portrait of presence, 2025, 90 x 60 cm
in line, through line, 2025, 60 x 40 cm
green waves in the far distance, 2025, 60 x 40 cm
Landscape, 2025, 60 x 40 cm
Anfang 2024 hat Leonardo Bürgi Tenorio mit Atelier Mondial einen dreimonatigen Aufenthalt bei Tokio Arts and Space Residency in Tokio verbracht. Während dieser Zeit unternahm der Künstler eine Recherche zur Fermentationskultur von Japan. In seiner früheren künstlerischen Praxis hatte er sich mehrere Jahre lang mit Pilzkulturen beschäftigt, dazu befasste er sich durch seine Tätigkeit im aktivistischen Küchenkollektiv Hasoso bereits mit kulinarischen Themen. So kam er in dieser Zeit zum ersten Mal mit dem Schimmelpilz Kōji (aspergillus oryzae) in Berührung, den er während seines Aufenthalts in Japan eingehender untersuchte. Kōji existiert im Kulturraum der Reisfelder und bildet Enzyme, die komplexe Kohlenhydrate und Proteine in Zucker und Aminosäuren umwandeln. Kōj ist die Grundlage für viele fermentierte (kulturelle) Produkte wie Miso, Shoyu, Sake. Für Leonardo Bürgi Tenorio beinhaltete die eingehende Auseinandersetzung mit dem Schimmelpilz auch ein vertieftes Nachdenken über die Verbindung und das scheinbar nahtlose Zusammenspiel von Natur und Kultur.
Ein Werk, das diesem Nachdenken entsprungen ist, ist die Installation im Raum des space25, welche sich an eine traditionelle Reis-Trocknungsmethode anlehnt; dazu sind aus den Reisskulpturen Klänge zu hören, Fieldrecordings von den Reisfeldern rund um Kimotsuki, Kagoshima. Mit den Holzschnitten wiederum hat der Künstler die Kulturpraxis des Kōji von ihrer spirituellen Seite betrachtet, indem er sich der Figur des Ta-no-Kami angenähert hat – einer japanischen Gottheit, die oft durch kleine Steinskulpturen dargestellt wird und deren Aufgabe es ist, für die Reispflanzen zu sorgen und dazu zu schauen, dass die Ernte gut ausfällt. Dabei verwendet Bürgi Tenorio Zedernholz für seine Arbeit, welches als Träger und Archiv für die Mikroorganismen in der traditionellen Fermentation fungiert. In einer dritten Annäherung schliesslich befassen sich die Zeichnungen mit unserer Wahrnehmung von Landschaft, die für den Künstler aus sichtbaren und unsichtbaren Elementen besteht; wie der Status des geisterhaften Kamis zwischen hier und dort, Diesseits und Jenseits changiert, so bewegt sich auch das Bild der Natur in Bürgi Tenorios Blick im Wechselspiel zwischen Präsenz und Absenz.
Damit das Fell glänzt 2
Working at the pyramids
angeln 2 | Lakritz, 2023
lightnings 7.
Dryade, 2020
Damit das Fell glänzt 2
Working at the pyramids
angeln 2 | Lakritz, 2023
lightnings 7.
Dryade, 2020
Farben und Formen dominieren die Malerei Sara Gassmanns. Leuchtende Formen, lasierend gemalt, überlagern sich, verschmelzen miteinander, gehen ineinander über, ergeben und bedingen einander auf den grossformatigen Leinwänden und tellergroßen Keramiken. Organische Formen sind es vor allem, die Sara Gassmann faszinieren und die Ausgangspunkte ihres Schaffens sind: Gliedmasse oder Tierleiber, Knochen, Federn, Hände oder sich Schlängelndes. Hinzu kommen in den neueren Werken architektonisch anmutende Elemente, die eine Ebene ausserhalb des Dargestellten, des Abwesenden, andeuten: Pforten, Treppen, Leitern, Türen oder Fenster meint man hier auszumachen. Ebenso wie die organischen, bleiben diese Formen des Übergangs jedoch Andeutungen. Sie erinnern an etwas, sind nie vollständig abstrakt und sind doch nicht klar zu bezeichnen. Trotz ihrer Figurhaftigkeit entziehen sie sich der Eindeutigkeit. Narratives klingt an – sind es Mythen, Sagen, Symbole, Traumwelten, die hier aufscheinen? –, eine Erzählung findet man jedoch nicht. Es ist ein intuitives Schaffen, das einem Sich-Treiben-Lassen gleicht. Dabei tauchen einige Elemente und Formen immer wieder auf, entwickeln sich weiter, werden visuell neu gefasst, wobei auch der Bezug zum Malgrund eine wichtige Rolle spielt. So lässt Sara Gassmann ihre Malerei auch von den Gegebenheiten des Malgrunds der ungrundierten, teils beidseitig bemalten Leinwand oder der schroffen Materialitä der Keramik leiten. Von Neugier, dem Ausprobieren und Experimentieren ist das künstlerische Schaffen Sara Gassmanns getrieben. Immer hat ihr Schaffen etwas Spielerisches, eine Leichtigkeit, eine Lust am Erschaffen und Erfinden. Im Spiel mit Bekanntem, mit Farbe, Formen und Materialität entsteht in Sara Gassmanns Werk durch Abstraktion, durch Vergrösserung, Verzerrung und Schichtung Neues, Unbekanntes, Irritierendes, das nicht mehr rückzubinden ist an eine klar benennbare Erfahrung, sondern vielmehr dazu auffordert, immer wieder neu zu entdecken. (Lisa Bauer – Zhao) Sara Gassmann hat im Jahr 2024 drei Monate mit Atelier Mondial in Bali verbracht. Während dieses Aufenthalts hat die Künstlerin ihre Faszination für Schattenpuppen entdeckt und sich in ihrer Arbeit inhaltlich und visuell mit Licht und Schatten beschäftigt; sie hat die Technik des Schattenspiels erlernt und sie, in einem Dialog mit dem Sound Artist Janiv Oron, in eine eigene Sprache umgesetzt.
Wunderwald, 2021, 155 x 200 cm
The storm is now gone, 2021, 155 x 200 cm
The Sleeping Super Kids, 2025, 81 x 195 cm
The Hope of the Lobster Child, 2025, 200 x 155 cm
Children were the first to recognise...., 2025, 30 x24 cm
And they started the awakening, 2025, 30 x24 cm
At least not in the way it had been...., 2025, 30 x24 cm
It is all there, 2024, 30 x24 cm
Wunderwald, 2021, 155 x 200 cm
The storm is now gone, 2021, 155 x 200 cm
The Sleeping Super Kids, 2025, 81 x 195 cm
The Hope of the Lobster Child, 2025, 200 x 155 cm
Children were the first to recognise...., 2025, 30 x24 cm
And they started the awakening, 2025, 30 x24 cm
At least not in the way it had been...., 2025, 30 x24 cm
It is all there, 2024, 30 x24 cm
Seit mehreren Jahren begleitet das Thema der Unschuld das Werk und die Tätigkeiten der Künstlerin und Kuratorin Yota Tsotra. Im Jahr 2022 war sie mit einem Reisestipendium von Atelier Mondial in Griechenland unterwegs, ihrem Heimatland, das sie, so hält die Künstlerin fest, zu der Person geformt hat, die sie heute ist; und das zugleich auch der Ort ist, an dem sie, erwachsen werdend, ihre Unschuld verloren habe. Auf ihrer Recherchereise, die sie von Athen über Lesbos bis zur Grenzstadt Alexandroupolis nahe der Türkei führte, machte sie sich auf den Weg, um das Verlorene wiederzufinden. Gibt es diesen Moment in unseren Leben, da wir aus der Verbundenheit mit der Natur, mit der Umgebung und mit uns selbst herausfallen und dadurch an Stärke und Halt verlieren? Ist dies der Moment, da die gesellschaftlichen Prägungen von aussen stärker werden als unser ursprüngliches Sein? Und falls ja, wie können wir uns diese frühe Kraft wieder zurückerobern?
In seinem Essayband «Der Mensch in der Revolte» hält Albert Camus fest: «Jeder Akt der Rebellion drückt eine Sehnsucht nach Unschuld und einen Appell an das Wesen des Seins aus.» Yota Tsotras Malerei erforscht diese Qualität der Unschuld als Ausdruck des Seins und als eine Form von Widerstand – als Fähigkeit, in einer sich ständig wandelnden Welt bestehen zu können. Am Ausgangspunkt von Tsotras Arbeiten stehen oft Fotografien – zuweilen aus dem Familienkontext, manchmal sind es auch dokumentarische Schnappschüsse von alltäglichen Ereignissen – deren Szenerie die Künstlerin bis auf ihre Essenz hin entkernt; unter dem beharrlichen Blick der Malerin schält sich der Kontext der Aufnahme Schicht um Schicht ab, bis das in Öl transformierte Bild jenen Moment frei gibt, in dem in den Gesichtern und Gesten der Menschen ein Hauch von Mut, Hoffnung, ja vielleicht von Reinheit sichtbar wird, einer rebellischen Reinheit, die sich von keinem System vereinnahmen lässt. Die warmen, oft in Blau- und Grüntönen gehaltenen Farben legen sich dabei wie ein sanfter Mantel um die Menschen, und nur das kräftige Magenta, das an das Leuchten der Morgendämmerung erinnert, taucht die Umgebung in ein traumartiges Licht.